Gesundheit

Aktuelle Beiträge

Diagnose Unterdigitalisierung

Diagnose Unterdigitalisierung

Gesundheit und Digitalisierung

Bereits seit Jahren kämpft das Krankenhauswesen mit etlichen Herausforderungen. Digitale Maßnahmen könnten dort Verbesserungen bewirken, unter anderem die überlasteten Belegschaften entlasten, die Qualität der Versorgung erhöhen und gleichzeitig Kosten sparen. Dennoch bleibt eine zeitgemäße digitale Ausstattung in vielen Häusern zunächst ein frommer Wunsch. 

Vor dem Hintergrund der Coronapandemie wird Krankenhäusern derzeit eine erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Die schwierigen Zustände und die Not, die dort herrschen, sind das Thema vieler Interviews und Reportagen. Über den oft verzweifelten Kampf von erschöpften Medizinern und Pflegekräften gegen das Virus wird quer durch die Medien tagtäglich berichtet.

Somit sind die aktuellen Herausforderungen, mit denen sich Krankenhäuser durch die aktuelle Krise konfrontiert sehen, allseits bekannt. Doch welche zu lösenden Probleme gibt es noch für sie jenseits der Pandemie? Sind Prozesse in Krankenhäusern ausreichend digitalisiert, um diese zu meistern? Diesen Fragen und einigen weiteren ist eine vom britischen Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von Cherwell Software, einem Anbieter von Enterprise-Service-Management-Software, durchgeführte Onlinestudie auf den Grund gegangen – dazu wurden in Deutschland 308 Fachangestellte aus dem Gesundheitswesen von Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern befragt.

Laut der Untersuchung stehen an erster Stelle der Herausforderungen in Krankenhäusern stagnierende oder sogar sinkende Budgets – ganze 55 Prozent der befragten Krankenhausmitarbeiter gaben dies an. Die gestiegenen Erwartungen der Patienten an die Servicequalität (37 Prozent), die obligatorische Umstellung auf die elektronische Patientenakte (33 Prozent) sowie die Bereitstellung neuer digitaler Dienstleistungen für Patienten, wie etwa Videosprechstunden oder Selbstbedienungsportale (31 Prozent), werden ebenso als wichtige Anforderungen betrachtet.

Hoher Nachholbedarf

„Dass eine zeitgemäße digitale Ausstattung von Krankenhäusern notwendig ist, um all diese Aufgaben zufriedenstellend bewältigen zu können, ist mittlerweile unbestritten“, meinen die Studienverfasser. Doch genau an diesem Punkt bestehe noch großer Nachholbedarf. So sei mehr als ein Drittel (34 Prozent) der deutschen Krankenhäuser – das bezeugen die eigenen Mitarbeiter – in Sachen Digitalisierung schlecht oder sehr schlecht aufgestellt.

Dass unbedingt gehandelt werden muss, hat die Bundesregierung auf jeden Fall erkannt und will mit einem mehrere Milliarden Euro umfassenden Investitionsprogramm – dem „Krankenhauszukunftsgesetz“ (KHZG) – die Digitalisierung der Krankenhäuser beschleunigen. Dies habe sich allerdings unter den Beschäftigten in den Krankenhäusern bisher kaum herumgesprochen. Ganze zwei Drittel von ihnen hätten noch nichts vom KHZG gehört, immerhin 19 Prozent kennten es zwar, wüssten aber nichts über den Inhalt. Nur 12 Prozent hätten Kenntnisse darüber, was das Gesetz beinhaltet.
Image
Von denjenigen im Rahmen der Untersuchung befragten Krankenhausmitarbeitern, die das KHZG bereits kennen, sagten 47 Prozent, dass ihre Einrichtung im Zusammenhang mit diesem Gesetz im Jahr 2021 größere Digitalisierungsaktivitäten in Planung habe. Eine aussagekräftige Erkenntnis der Studie besteht auch darin, dass rund 55 Prozent, also mehr als die Hälfte der Krankenhäuser mit mehr als 1.000 Mitarbeitern entsprechende Investitionen beabsichtigen. Bei den Krankenhäusern mit 100 bis 249 Beschäftigten hingegen sind es lediglich etwas mehr als ein Viertel (28 Prozent). „Kleinere Krankenhäuser drohen also in Sachen Digitalisierung weiter an Boden zu verlieren“, ziehen die Studienautoren ihr Fazit.

Diese Feststellung ist mit Blick auf den stets zunehmenden Stresslevel in Krankenhäusern und das Bedürfnis der Mitarbeiter nach Entlastung alles andere als erfreulich. Die bei der Umfrage meist angegebene Ursache für diesen Stress ist mit 49 Prozent die Ressourcenknappheit – das heißt, zu wenige Ärzte sowie zu wenig Pflege- und Verwaltungspersonal.
Weitere genannte Belastungsfaktoren sind der zu hohe Zeitdruck und die zu geringe Wertschätzung mit jeweils 44 Prozent sowie nicht funktionierende Technik – von Computern über Drucker bis hin zu medizinischen Geräten – mit 23 Prozent.

Mehr Zeit für den Patienten

Bei großen Krankenhäusern mit mehr als 1.000 Mitarbeitern erweise sich der Leidensdruck oft als besonders groß. So klagt mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) über Ressourcenknappheit und 23 Prozent klagen über zu viele Routineaufgaben, während dies bei Häusern mit 100 bis 249 Mitarbeitern nur 33 beziehungsweise 15 Prozent tun.

„Von genau diesen Problemen erhoffen sich die Krankenhausmitarbeiter durch Digitalisierungsmaßnahmen Besserung“, fand die Untersuchung heraus. Für 67 Prozent von ihnen habe eine einfachere und effizientere Erledigung von bürokratischen Aufgaben Priorität. Bessere Dienstleistungen für Patienten (47 Prozent), einfachere und effizientere Erledigung von medizinischen Aufgaben (44 Prozent), mehr Automatisierung (44 Prozent), Kosteneinsparungen (36 Prozent) sowie eine bessere Mitarbeiterzufriedenheit (36 Prozent) bildeten die weiteren Ansprüche an digitale Arbeitsweisen. „Kurz gesagt erhoffen sich Krankenhausmitarbeiter von der Digitalisierung vor allem eine Befreiung von Routinen und bürokratischem Aufwand“, bringen es die Studienverfasser auf den Punkt. „Dies, damit sie sich besser um die Patienten kümmern können.“

Graziella Mimic