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Drohender Fachkräftemangel in der Labormedizin

Drohender Fachkräftemangel in der Labormedizin

Mehr Ausbildungsmöglichkeiten und mehr Investitionen in Laborinfrastruktur an den Kliniken: Dies verlangen Deutschlands Labormediziner. Sollten diese Forderungen nicht bald erfüllt werden, könnten ernstzunehmende Versorgungsengpässe entstehen.

Der Berufsverband der Deutschen Labormediziner (BDL) und die Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) haben Ende des vergangenen Jahres am Europäischen Tag der Labormedizin eindringlich vor einem signifikanten Mangel an Fachkräften in ihrem Fachbereich gewarnt.

Von dieser bedenklichen Entwicklung sehen sich sowohl Fachärzte und Fachärztinnen für Labormedizin als auch medizinische TechnologInnen betroffen. „Über die Jahre sind uns die Strukturen für die Weiterbildung von Laborfachärzten im klinischen Bereich weggebrochen“, berichtet BDL-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Bobrowski. „Wir müssen dringend mehr Weiterbildungsangebote an Universitätskliniken und bei Maximalversorgern schaffen.“ Insbesondere ein stringentes Outsourcing von Laborleistungen an den Kliniken sowie der Wegfall von Lehrstühlen an Universitäten in den vergangenen zwei Jahrzehnten hätten die Lage verschärft. Besorgniserregende Zustände, bedenke man, dass etwa 66 Prozent aller ärztlichen Entscheidungen heutzutage direkt oder indirekt auf labordiagnostischen Untersuchungen beruhen.

Dr. Andreas Bobrowski

Vorstandsvorsitzender des Berufsverbands der Deutschen Labormediziner (BDL)

„Über die Jahre sind uns die Strukturen für die Weiterbildung von Laborfachärzten im klinischen Bereich weggebrochen.“
Die Tatsache, dass relevante Ausbildungsinhalte nicht mehr vermittelt werden können, stellt ein großes Problem dar. „Wir müssen im klinischen Umfeld ausbilden. Viele Krankheitsbilder, die zu einer fundierten Ausbildung zum Facharzt für Laboratoriumsmedizin gehören, können den angehenden LabormedizinerInnen nur im universitären Umfeld beziehungsweise bei einem Maximalversorger vermittelt werden“, erläutert DGKL-Vorsitzender Prof. Harald Renz. Als Beispiele nennt er Besonderheiten in der Gerinnungsdiagnostik, der mikrobiologischen Analytik, aber auch in der Diagnose von Intoxikationen durch Medikamenteneinnahme oder Drogen. Des Weiteren verweist Renz auf die Bedeutung der Labormedizin bei der Diagnose von Volkskrankheiten und seltenen Erkrankungen sowie bei Infektionskrankheiten.
Der sukzessive Wegfall der geburtenstarken Jahrgänge bei den LabormedizinerInnen verstärkt noch die Ausbildungsmisere. BDL und DGKL kritisieren zudem die Bedarfsplanung der Labormediziner im ambulanten Sektor, die auf rund 1.000 Facharztstellen begrenzt ist. „Wir werden aber nur ausreichend viele junge LabormedizinerInnen gewinnen können, wenn wir Perspektiven schaffen“, sagt Bobrowski. Insbesondere die Coronapandemie habe gezeigt, dass die Labormedizin zu den systemrelevanten Fächern gehört. Wegen der zunehmenden Teilzeittätigkeit kommt es selbst bei einer leichten Zunahme der Anzahl der LaborärztInnen zu einem Arbeitskräftemangel.
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Ausbildungsmisere: Sie wird durch den sukzessiven Wegfall der geburtenstarken Jahrgänge bei den LabormedizinerInnen noch verstärkt.
Hinsichtlich der Zukunftssicherung sind auch erhöhte Investitionen in bauliche Projekte der Labormedizin notwendig. Diese Forderung unterstützt Dr. Michael Heins, Chefarzt für Laboratoriumsmedizin am Klinikum Osnabrück. Heins hat 2016 ein Krankenhauslabor in ein Facharztlabor mit KV-Sitz ausgebaut und sehr viele Laborleistungen, insbesondere Spezialuntersuchungen, ingesourct. „Die Investitionen dafür kann ein Krankenhaus allein nicht stemmen, hierfür braucht es die Unterstützung der öffentlichen Hand.“ In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass durch den Ausbau eines eigenen Labors die Zeit bis zur Befundübermittlung und somit auch die Liegezeit der Patienten verkürzt wird. Darüber hinaus hat sich auch die Kostenstruktur des Krankenhauses verbessert.

Der Europäische Tag der Labormedizin wird von der Europäischen Vereinigung der Labormediziner jedes Jahr am 5. November ausgerufen. In Deutschland gibt es aktuell 41 universitätsmedizinische Standorte, von denen 21 mit einer eigenständigen W3-Professur für Laboratoriumsmedizin besetzt sind.

Die Ausbildungsmisere erstreckt sich auch auf die anderen Gesundheitsfachberufe im Labor. Unter anderem kämpfen sie mit Schulschließungen an den Kliniken. (mim)