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Interview: Zeit für Game Changer

Interview: Zeit für Game Changer

Auch wenn vor dem Hintergrund politischer Entwicklungen der Begriff „Querdenker“ inzwischen negativ behaftet ist, erweisen sich Andersmacher und unkonventionelle Ideengeber für Unternehmen derzeit als besonders wertvoll. Für FACTS erläutert Anne Schüller, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach, wie diejenigen Mitarbeiter, die sich durch innovative Ansätze und überdurchschnittliches Engagement auszeichnen – die „guten Querdenker“ – das Überleben ihrer Firma im größten Wandel aller Zeiten garantieren.

FACTS: Warum brauchen wir gerade jetzt in der Coronakrise und auch danach Menschen, die quer zum Mainstream denken?

Anne Schüller: Corona hat sowohl das Kaufverhalten der Kunden als auch die Arbeitswelt bereits sehr stark verändert. Viele  Unternehmen werden sich neu erfinden müssen. Andere müssen schneller und adaptiver, wieder andere noch digitaler werden. Für all das braucht es couragierte, originelle, frische, unverbrauchte Initiativen – von Menschen, die als unkonventionelle Ideengeber fungieren. Und dafür wiederum braucht es die Erlaubnis zum Widerspruch, eine ergebnisoffene Lernkultur und Freiraum zum Experimentieren.
 
Gerade in einer Krise rettet nie der nostalgische Blick zurück, sondern nur ein mutiger Sprung nach vorn. Krisen machen Kurswechsel nötig und erzwingen Wandel. Krisen öffnen aber auch Türen, sie schaffen Durchbrüche und sorgen für Fortschritt. So wie der Katalysator in einem chemischen Versuchslabor setzen Krisen notwendige Prozesse in Gang oder beschleunigen diese. Sie forcieren Flexibilität und bringen Dynamik in vormals erstarrte Strukturen. Sie sorgen für Aufbruch, Umbruch und Neuausrichtung.

FACTS: Der Begriff des Querdenkens hat in der letzten Zeit eine negative Konnotation erhalten. Was zeichnet einen firmeninternen Querdenker aus?

Schüller: Echte, wahre, kluge firmeninterne Quer- und Weiterdenker sind Wachrüttler, Infragesteller, Andersmacher, Vorwärtsbringer, Game Changer, Übermorgengestalter. Ihr Denken gegen die Regel gehört zu den maßgeblichsten Erfolgsfaktoren, um sich von Durchschnitt und Mittelmaß abzuheben und den Sprung in die Zukunft zu schaffen. Ihre Vorstöße sind konstruktiv und zielen auf die Verbesserung einer jeweiligen Situation ab, weil ihre Firma ihnen wirklich am Herzen liegt.

Oft sind sie die Ersten, die instinktiv merken, wenn in der Firma etwas aus dem Ruder läuft. Sie sprühen vor Ideen, wie man das, was in die Jahre gekommen ist, besser machen könnte, sollte und müsste – im Kleinen wie im Großen. Sie ehren das Gute und plädieren zugleich für das bessere Neue. Sie können einfach nicht anders, weil sie Querdenker sind. Und ja natürlich, sie werden sich auch verlaufen. Doch wie heißt es so schön: Wer sich nie verirrt, findet auch keine neuen Wege.

FACTS: Wo und wie sind denn solche Weiterdenker und Game Changer einsetzbar?

Schüller: Sie sind sowohl bei operativen Veränderungsinitiativen als auch beim großen strategischen Wandel die Richtigen. Bei den Veränderungsinitiativen geht es um eingefahrene Abläufe, die mühsam oder veraltet sind, die die Zusammenarbeit stören oder die bei den Kunden zu Missfallen führen. Hier sind lösungsorientierte Querdenker Gold wert. Gemeinsam mit ihnen gelingt es am besten, Ideen zu entwickeln, die zuvor noch niemand hatte und auf die man allein nicht gekommen wäre. In meinem Buch habe ich dazu 15 sogenannte Change-Hacks beschrieben, mit deren Hilfe das besonders gut gelingt.

Strategischer Wandel erfolgt durch Musterwechsel, Transformationsprozesse, Innovationssprünge und Disruption. Hierzu braucht man Denk- und Handlungsweisen weit jenseits des Üblichen. In fortschrittlichen Unternehmen wird dazu zum Beispiel die Rolle von Organisationsrebellen geschaffen. Diese können gezielt in Transformationsprojekten mitarbeiten oder sich mit bislang ungelösten Aufgaben befassen. Mit ihrem queren Denken und Tun können sie zudem all diejenigen unterstützen, die normalerweise eher geradlinig handeln, damit deren Vorgehen außergewöhnlicher wird.

Graziella Mimic

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Managementdenker und Business-Philosophin, Top-Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk Xing zum Spitzenwriter 2018 gekürt. Zudem wurde sie mit dem Best Business Book Award 2019 ausgezeichnet. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft.



Anne M. Schüller

Querdenker verzweifelt gesucht
Warum die Zukunft der Unternehmen in den Händen unkonventioneller Ideengeber liegt
(mit einem Vorwort von Gunter Dueck)

Gabal Verlag 2020, 240 Seiten,
29,90 Euro

ISBN: 978-3-86936-998-3

Wollen Unternehmen die Zukunft erfolgreich meistern, sind sie auf neue Ideen und Ansätze angewiesen und somit auch auf Querdenker. Als Mittler zwischen überholten und neuen Handlungsweisen sorgen diese überaus engagierten Mitarbeiter, denen das Bestehen ihrer Firma wirklich wichtig ist, für frischen Wind und leiten notwendige Initiativen ein. Nichtsdestotrotz betrachten viele Organisationen Querdenker als lästig. Dies ist verheerend, denn dort, wo Querdenker nicht aktiv werden dürfen, verstärken sich die Beharrungstendenzen. Stagnation, Irrelevanz und schließlich Niedergang sind die Folgen. In ihrem neuen Buch zeigt die Managementexpertin Anne M. Schüller auf konkrete Weise, wie mithilfe guter Querdenker der Sprung in die Zukunft tatsächlich gelingt.