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Was ist Design?

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„Entschuldigen Sie, aber ein Friseur bleibt ein Friseur“

Ein Begriff, unterschiedliche Definitionen. Doch unabhängig davon, ob der Fokus auf technischen oder ästhetischen Anforderungen, auf wirtschaftlichen Überlegungen oder eher auf der sozialen und ökologischen Verantwortung liegt, bleibt Design ein vielschichtiger Prozess, der nicht zuletzt auch die Gesellschaft widerspiegelt, in der er entsteht.

„Alle Menschen sind Gestalter. Fast alles, was wir tun, ist Design, ist Gestaltung, denn das ist die Grundlage jeder menschlichen Tätigkeit“, schrieb der österreichisch-amerikanischer Designer und Designphilosoph Victor Papanek in seinem 1970 erschienenen Buch „Design for the Real World“ *. „Dieser Sichtweise folgend, wäre jede gestaltende, also bewusste und zielgerichtete menschliche Handlung ein Designvorgang und die Ursprünge des Designs reichten bis in die altsteinzeitlichen Kulturen zurück“, kommentierte vor einigen Jahren das Internationale Design Zentrum Berlin e. V. (IDZ), Träger des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit geförderten Projekts „Bundespreis ecodesign“, diese Aussage.

* Papanek, Victor: Design für die reale Welt: Anleitung für eine humane Ökologie und sozialen Wandel, Wien 2009, S. 20
Somit könne man Design einerseits als ein kulturelles Phänomen betrachten. Da man es andererseits jedoch auch als eine spezialisierte Tätigkeit auffassen könne, sei es vergleichsweise jung. Im Zuge der industriellen Massenproduktion entstanden, habe sich das Design an den Schnittstellen von Kunst, Industrie und Handwerk als neue Gestaltungsdisziplin konstituiert und in wechselseitigen Abgrenzungsprozessen kontinuierlich weiterentwickelt.

Arbeitsteilige Prozesse

In der Tat: Auch wenn sich Handwerker schon sehr früh in unserer Geschichte innerhalb einer Berufsgruppe auf besondere Arbeitsschritte spezialisierten, erhält Design seine heutige Definition erst durch die methodische Einführung arbeitsteiliger Prozesse zwecks Serien- und Massenproduktion. „Ganz egal, wie man Design und seine Aufgabenstellung im Laufe der Geschichte im Detail definiert, sein Ursprung ist gekennzeichnet durch die fortschreitende Arbeitsteilung zu Beginn der industriellen Revolution“, schreibt Thomas Hauffe in seinem Werk „Geschichte des Designs“. Dass diese nicht mit der Erfindung der Dampfmaschine vom Himmel fällt, sondern verschiedene Vorgeschichten hat, sei jedem klar.

Denn im Zuge der Industrialisierung werden Produktivitäts- und Absatzsteigerung zu den Hauptzielen, und der Weg dahin geht über Standardisierung und Qualitätssicherung. Musterbücher und Vorlagenmappen nehmen an Bedeutung zu. Sie sollen nicht nur die Fertigungsparameter festlegen, sondern fungieren zudem als Verkaufshilfe. „Produkte, die zuvor auf Bestellung vom Handwerker maßgefertigt wurden, wie Möbel, Schuhe, Kleidung und viele andere Dinge des täglichen Bedarfs, produziert man jetzt in hohen Stückzahlen und vertreibt sie als Fertigprodukte über große Warenlager“, beschreibt Hauffe. „Bestellt werden sie von den Kunden nach dem Katalog oder dem Musterbuch. So erhält der Entwurf nicht mehr nur für die Herstellung, sondern auch für den Verkauf große Bedeutung und koppelt sich von der Produktion ab.“
Je wichtiger der Entwurf, desto spezialisierter die Ausbildung des Zeichners. Diese besuchen nun klassische Kunstakademien oder ab Mitte des 19. Jahrhunderts Kunstgewerbeschulen und -museen, wo sie ausgebildet werden und ihr Geschmack erzogen wird. So wird allmählich Design zu Kunst und in der folgenden Zeit immer mehr nur darauf „reduziert“. „Trotz aller Aufklärungsbemühungen ist es bis heute ein zentrales Thema im Designdiskurs geblieben, dass sich das disziplinäre Selbstverständnis und die äußere Wahrnehmung von Design deutlich voneinander unterscheiden. In der Öffentlichkeit wird Design häufig nur in der verkürzten Bedeutung des ästhetisch Spektakulären wahrgenommen“, erläutert das IDZ. Die inflationäre Verwendung des Begriffs „Design“ seit den 1980er-Jahren habe diese Wahrnehmung noch verstärkt und somit gehe nicht selten die gesteigerte Aufmerksamkeit, die dem Designbegriff zukommt, einher mit einer Reduktion seines Gehalts.

Keine Frage: Ästhetisch sollte Design auf jeden Fall sein. Doch verfolgt es ganz andere Ziele als Kunst. Etymologisch betrachtet, wird das Wort „Design“ aus dem Englischen und Französischen abgeleitet – in diesen Sprachen bedeutet Design „Gestaltung“ oder „Entwurf“ und berücksichtigt auch technische Aspekte, nicht so wie nach dem deutschen Verständnis, das viel mehr auf Kreativität den Schwerpunkt legt.

Qualitätsmanagement

Im Bereich des Qualitätsmanagements und angelehnt an die ISO-Normen wird unter „Designprozess“ die Formung des Produktionsprozesses verstanden, ein Verfahren, dem insbesondere bei der Qualitätssicherung eine große Bedeutung zukommt. Eins steht fest: In erster Linie soll Design den Menschen und seine unterschiedlichen Bedürfnisse – physische sowie psychische – in den Vordergrund stellen. Somit ist Design vor allem zweckorientiert und funktional, was es von Kunst hauptsächlich unterscheidet.
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Designprozess: Darunter wird im Bereich des Qualitätsmanagements und angelehnt an die ISO-Normen die Formung des Produktionsprozesses verstanden.

Ökologische Aspekte

Und vor allem hat Design andere Auswirkungen als Kunst. So wird es etwa benutzt, um wirtschaftliche Ziele zu erreichen, wie die Entwicklung und Vermarktung von Produkten. Eine durchdachte Designstrategie, die neben Corporate Design ebenfalls Werbemaßnahmen umfasst und im Vorfeld der Konzeption bereits genaue Kostenberechnungen beinhaltet, ist entscheidend für den Verkaufserfolg.

Seit einigen Jahren nimmt zudem die Bedeutung der ökologischen Überlegungen bei der Designentwicklung zu, da auch hier Ressourcen – Rohstoffe und Energie – verbraucht werden. Und auch bei der Nutzung der entstandenen Endprodukte variieren je nach Design die Ressourcennutzung und die Umweltbelastung. Beispiel: Der Einbau eines Dimmers erlaubt bei Leuchten nicht nur, das Licht nach Bedarf zu reduzieren und somit Augenmüdigkeit zu vermeiden, also einen ergonomischen Aspekt zu berücksichtigen, sondern auch, Energie zu sparen.

Neben der Betrachtung von Umweltaspekten geht es laut dem IDZ inzwischen beim Design verstärkt auch um die sozioökonomischen Auswirkungen eines Produkts. Konsumsoziologie und Designwissenschaft seien zu dem Schluss gekommen, dass eine rein technische Betrachtungsweise von Produkten und Systemen nicht ausreiche. Eher sehe es so aus, dass soziale und symbolische Eigenschaften von Design auf unser Konsumverhalten und die Nutzungsdauer eines Produkts meist einen stärkeren Einfluss ausübten als sein Gebrauchswert allein.

Soziale Funktion

Und nicht zuletzt kann Design als Erkennungsmittel für die Zugehörigkeit von Menschen zu bestimmten Gruppen dienen und hat somit eine soziale Funktion.
Design: Ein Begriff, viele Aspekte – und eine Bezeichnung, die vielleicht viel zu oft benutzt wird. Dass durch die inflationäre Verwendung des Wortes bei vielen Menschen ein falsches Bild entstanden sei, darüber klagte seinerzeit der 2019 verstorbene Kunst- und Designhistoriker Florian Hufnagl, von 1990 bis 2014 leitender Sammlungsdirektor der Neuen Sammlung, Staatliches Museum für angewandte Kunst in München, in einem auf der Internetplattform designwissen eingestellten Interview** zum Thema Design. „Entschuldigen Sie, aber ein Friseur bleibt ein Friseur. Und ein ,Hair-Designer‘ ist nicht nur eine grauenvolle Wortschöpfung, sondern auch inhaltlich Schwachsinn.“

Graziella Mimic

**Quelle: AK Weltmeister Designdeutschland. Hg. vom „Haus der Gegenwart GmbH, München 2006
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ca. 320 Seiten, Hardcover 200 farbige Abbildungen EUR 29,99 [D] / 40,90 sFr. ISBN 978-3-8321-9116-0

Geschichte des Designs DuMont Buchverlag

Was ist Design? Was steckt hinter Begriffen und Bezeichnungen wie Jugendstil, Bauhaus, Art déco oder Postmoderne? Welche Faktoren beeinflussen die Gestaltung von Industrieprodukten im Laufe der Geschichte?
Diese und andere Fragen beantwortet der Designhistoriker Thomas Hauffe in seinem umfassenden und reich bebilderten Band ausführlich und schafft einen leicht verständ-lichen Überblick über die internationale Geschichte des Designs von der frühen Industrialisierung bis in die digitale Gegenwart. Anhand markanter Beispiele, von den Klassikern wie dem Thonet-Stuhl Nr. 14 bis hin zu den Kultobjekten unserer Zeit wie iPhone, Sneakers oder Tablet-Computer, aber auch mit der Darstellung von Alltagsobjekten wie Einkaufswagen, Legosteinen oder Büroklammern zeigt er Zusammenhänge auf. Nicht zuletzt beschreibt er die vielfältigen technischen und gesellschaftlichen Aspekte des Designs im 21. Jahrhundert.