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Homeoffice-Arbeitsplatz nach der Corona-Schutzverordnung
Das Hauptziel der neuen Verordnung ist es, die physischen Kontakte im Betrieb zu reduzieren und somit die Infektionszahlen zu senken. Als wichtiges Instrument gegen die Verbreitung des Coronavirus steht die Arbeit im Homeoffice im Mittelpunkt.
Welche Rechte und Pflichten sich daraus für die Arbeitsvertragsparteien ergeben und was Arbeitgeber und Arbeitnehmer jetzt zu beachten haben, lässt sich, zum derzeitigen Stand, wie folgt zusammenfassen:
1. Ziel der Arbeitsschutzverordnung
2. Gefährdungsbeurteilung
3. Pflicht zum Angebot, die Tätigkeit im Homeoffice auszuüben
Neben den oben dargestellten Grundsätzen äußert sich die Verordnung auch zu der in der Öffentlichkeit viel diskutierten Verpflichtung der Arbeitgeber, Homeoffice-Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Nach § 2 Abs. 4 der Verordnung hat der Arbeitgeber den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen
b. Ausnahme: zwingende betriebsbedingte Gründe
Arbeitgeber werden nunmehr nicht umherkommen, ihren Arbeitnehmern im Regelfall Homeoffice-Arbeitsplätze anzubieten. Sie können dies nur dann unterlassen beziehungsweise das Verlangen des Arbeitnehmers auf Arbeit im Homeoffice nur dann ablehnen, wenn „zwingende betriebsbedingte Gründe“ vorliegen.
Was dies für Gründe sein können, dazu verhält sich die Verordnung ebenso wenig wie zu deren Begründung. Aufschluss geben nur die auf der Homepage des BMAS zur Verordnung veröffentlichten Frequently Asked Questions (FAQ), die aber natürlich lediglich eine unverbindliche Auslegungshilfe sein können.
Einigkeit dürfte darüber bestehen, dass Homeoffice für diejenigen Arbeitnehmer ausgeschlossen ist, die nicht ganz oder weit überwiegend mit Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten befasst sind. Das BMAS nennt exemplarisch Arbeitsplätze in den Bereichen Produktion, Dienstleistung, Handel oder Logistik.
Aber auch Bürotätigkeiten und zur Büroarbeit vergleichbare Tätigkeiten führen nicht zwingend zu einem Recht auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz. Was das BMAS unter als zur Büroarbeit vergleichbare Tätigkeiten fasst, definiert es im Übrigen in den FAQ: Darunter seien „in der Regel alle Tätigkeiten zu verstehen, die geeignet sind, unter Verwendung von Informationstechnologie aus dem Privatbereich der Beschäftigten durchgeführt werden zu können. Im Einzelfall können hierunter auch Tätigkeiten fallen, die ohne Informationstechnologie von zu Hause erbracht werden können.“
Laut den FAQ des BMAS ist von zwingenden betrieblichen Gründen immer dann auszugehen, wenn sich die Tätigkeiten zwar grundsätzlich für die Ausführung im Homeoffice eignen, sie aber aus „belegbaren und nachvollziehbaren betriebstechnischen Gründen“ nicht von zu Hause aus erbracht werden können, insbesondere, „weil ansonsten der übrige Betrieb nur eingeschränkt oder gar nicht aufrechterhalten werden kann“. Setzt also die Tätigkeit die Anwesenheit im Büro voraus, beispielsweise weil physische Post geöffnet und bearbeitet werden muss, physische Akten angelegt oder aber Waren vor Ort angenommen oder erfasst werden müssen, scheidet eine Homeoffice-Tätigkeit aus. Weitere Beispiele können laut BMAS Schalterdienste bei weiterhin erforderlichen Kunden- und Mitarbeiterkontakten, Materialausgabe, Reparatur- und Wartungsaufgaben (z.B. IT-Service), Hausmeisterdienste und Notdienste zur Aufrechterhaltung des Betriebs sein.
Interessant ist die Auffassung des BMAS, das in den FAQ meint, technische oder organisatorische Gründe und Versäumnisse, wie zum Beispiel die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten könnten allenfalls befristet bis zur umgehenden Beseitigung des Verhinderungsgrunds als zwingende betriebliche Gründe angeführt werden. Dies dürfte in dieser Pauschalität wohl nicht zu halten sein. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich eine solche Verpflichtung zur Qualifizierung der Beschäftigten, der Anschaffung von IT-Ausstattung und Änderung der Arbeitsorganisation jedenfalls nicht. Vielmehr hält die Begründung ausdrücklich fest, dass keine Vorgabe bestehe, einen Telearbeitsplatz gemäß § 2 Absatz 7 der Arbeitsstättenverordnung zu vereinbaren und einzurichten. Allenfalls die Arbeitsschutzbehörden könnten dies gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen des § 22 Abs. 3 ArbSchG anordnen, wobei dann im Einzelfall zu prüfen ist, ob diese Anordnung tatsächlich rechtmäßig ist. Dies ist bei der Anschaffung von IT-Endgeräten oder der Umstellung der Organisation auf die elektronische Aktenführung durchaus infrage zu stellen.
Zwingende betriebliche Gründe sind im Übrigen immer dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer in seiner privaten Wohnung datenschutzrechtliche Vorgaben nicht einhalten kann, insbesondere weil Familienmitglieder oder auch sonstige Mitbewohner Zugriff auf Daten und Informationen haben könnten. Dies bedeutet aber auch, dass vor allem diejenigen Arbeitnehmer, die mit besonders sensiblen Daten (z.B. Gesundheitsdaten, Mandatsdaten) befasst sind, an ihrem Heimarbeitsplatz ein Datenschutzniveau sicherstellen müssen, das dem des Betriebs entspricht. Andernfalls entfällt auch für sie das Recht auf Homeoffice.
Arbeitgebern ist zu raten, nicht nur die Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren, sondern insbesondere auch die Entscheidung darüber, warum Homeoffice für bestimmte Arbeitsplätze nicht in Betracht kommt. Schließlich verlangt die Begründung der Verordnung, dass der Arbeitgeber nach § 22 Abs. 1 ArbSchG auf Verlangen der zuständigen Behörde diese Gründe darlegen muss.
c. Ausgestaltung des Angebots/Erzwingbarkeit
Liegen die Voraussetzungen für eine Tätigkeit im Homeoffice hingegen vor, ist sie dem Arbeitnehmer anzubieten. Einseitig kann sie durch den Arbeitgeber im Übrigen allerdings nicht angeordnet werden. Selbst wenn also der Arbeitgeber meint, alle seine Arbeitnehmer könnten im Homeoffice arbeiten und dies aus Gründen des Infektionsschutzes auch für angebracht hält, bedarf es immer der Zustimmung der Arbeitnehmer. Insoweit ist die Verordnung eindeutig, wenn es heißt: „Für die Beschäftigten besteht keine Verpflichtung zur Annahme und Umsetzung des Angebots.“
Die Verordnungsbegründung verlangt, dass zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten eine Vereinbarung bezüglich Homeoffice getroffen wurde, beispielsweise auf dem Wege einer arbeitsvertraglichen Regelung oder durch eine Betriebsvereinbarung. Arbeitgeber sollten auch hier den Arbeitnehmern ein schriftliches Angebot einer befristeten Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vorlegen, die übliche Homeoffice-Regelungen beinhaltet. Dies bietet sich schon aus Zwecken der Dokumentation auch gegenüber den Aufsichtsbehörden an.
Das bedeutet aber auch, dass selbst bei grundsätzlicher Einigkeit über die Tätigkeit im Homeoffice die Ablehnung der sonstigen Konditionen des (schriftlichen) Angebots, zum Beispiel zu Maßnahmen des Datenschutzes, als Ablehnung des Angebots insgesamt zu verstehen ist.
Auch diese Ablehnung durch den Arbeitnehmer sollte zwingend dokumentiert werden.
d. Durchsetzbarkeit des Rechts auf Homeoffice
Bei genauerem Hinsehen erweist sich das Recht des Arbeitnehmers auf Homeoffice jedoch als trügerisch, zumal es ohnehin lediglich bis zum 15.03.2021 befristet ist. Denn die Verordnung hält richtigerweise fest, dass ein subjektives Klagerecht von Beschäftigten auf die Homeoffice-Tätigkeit damit nicht verbunden ist.
Arbeitnehmer können sich lediglich an die Arbeitsschutzbehörden der Länder sowie die Unfallversicherungsträger wenden, die die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben kontrollieren. Zwar können diese gem. § 22 ArbSchG vom Arbeitgeber oder von den verantwortlichen Personen die Durchführung von Homeoffice verlangen und – bei Nichtbeachtung der Anordnung – die von der Anordnung betroffene Arbeit untersagen und eine Geldbuße von bis zu 30.000 € verhängen. Ob hierfür aber tatsächlich Kapazitäten vorhanden sind und ob Arbeitnehmer diesen Weg im laufenden Arbeitsverhältnis beschreiten, bleibt abzuwarten.
4. Bewertung
Michael Teschner, Rechtsanwalt
MICHAEL TESCHNER, Geschäftsführer bei der NRT Niederrheinische Treuhand GmbH in Duisburg
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