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Kurzarbeit Null: null Chancen auf Vollurlaub

Kurzarbeit Null: null Chancen auf Vollurlaub

Steuertipp

Für Zeiträume, in denen Beschäftigte wegen „Kurzarbeit Null“ durchgehend nicht gearbeitet haben, erwerben sie keine Urlaubsansprüche. Der Arbeitgeber kann den Jahresurlaub daher anteilig kürzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden.

Aufgrund der Coronakrise befinden sich viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Sie arbeiten weniger oder bei „Kurzarbeit Null“ gar nicht. Dürfen Arbeitgeber den Urlaub der Mitarbeiter deswegen kürzen?

Nach EuGH-Auffassung sind Arbeitgeber zu einer Kürzung berechtigt, da Arbeitnehmer den Anspruch auf Jahresurlaub nur für Zeiträume tatsächlicher Arbeitsleistung erwerben. Ob die Reduzierung der Arbeitszeit auf „Null“ in der Kurzarbeit auch nach deutschem Recht zum Wegfall von Urlaubsansprüchen führt, ist bislang umstritten. Vieles spricht dafür, auch das LAG Düsseldorf entschied vorliegend, dass der Arbeitgeber berechtigt war, die Urlaubstage einer Mitarbeiterin, die sich mehrere Monate in Kurzarbeit befand, zu kürzen (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021, Az: 6 Sa 824/20; Vorinstanz: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 06.10.2020, Az: 1 Ca 2155/20).

Streit um Urlaubstage: Voller Urlaubsanspruch trotz Kurzarbeit?

Die Arbeitnehmerin ist seit 2011 als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten bei einem Betrieb der Systemgastronomie beschäftigt. Sie ist in einer Drei-Tage-Woche in Teilzeit tätig. Der Arbeitsvertrag sieht vor, dass ihr pro Jahr umgerechnet 14 Arbeitstage Urlaub zustehen. Im Jahr 2020 galt für sie aufgrund der Coronapandemie von April bis Dezember wiederholt „Kurzarbeit Null“. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 bestand diese durchgehend. Der Arbeitgeber war daher der Ansicht, er habe mit 11,5 Tagen den Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin voll erfüllt. In den Monaten der „Kurzarbeit Null“ sei die Arbeitnehmerin nicht verpflichtet gewesen zu arbeiten, daher habe sie auch keine Urlaubsansprüche erworben.

Weniger Urlaubstage wegen Kurzarbeit Null?

Die Arbeitnehmerin verlangte den vollen Urlaub. Sie vertrat die Überzeugung, dass ihr weitere 2,5 Tage zustehen würden. Den Urlaubsanspruch habe der Arbeitgeber nicht wegen ihrer Kurzarbeit kürzen dürfen. Als Gründe führte sie an, dass die konjunkturbedingte Kurzarbeit im Interesse des Arbeitgebers erfolge und nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers. Zudem könne man Kurzarbeit Null nicht mit Freizeit gleichsetzen. Beschäftigte hätten während der Kurzarbeit Meldepflichten, zudem könne der Arbeitgeber die Kurzarbeit kurzfristig vorzeitig beenden, sodass es Arbeitnehmern nicht möglich sei, die freie Zeit zu verplanen.

LAG: Zulässige Kürzung des Urlaubsanspruchs wegen Kurzarbeit

Das LAG Düsseldorf entschied, dass die Mitarbeiterin für den Zeitraum Juni, Juli und Oktober, in dem sie sich durchgehend in „Kurzarbeit Null“ befand, keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 BurlG erworben hat.

Damit stehe ihr der Jahresurlaub 2020 nur anteilig in gekürztem Umfang zu. Der Arbeitgeber sei berechtigt, für jeden vollen Monat der „Kurzarbeit Null“ den Urlaub um ein Zwölftel zu kürzen. Demnach habe er den Jahresurlaub vorliegend sogar um 3,5 Arbeitstage kürzen dürfen.

Das Gericht begründete dies damit, dass es der Zweck des Erholungsurlaubs sei, dass der Arbeitnehmer sich erholen muss. Dies setze eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Während der Kurzarbeit seien die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben, daher müssten Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt werden. Hier ist anerkannt, dass deren Erholungsurlaub anteilig zu kürzen ist.

Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung zu Kurzarbeit Null übertragbar

Das LAG Düsseldorf verwies in seinem Urteil auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der während „Kurzarbeit Null“ der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht. Die Richter betonten, dass sich diese Fälle übertragen lassen, und schlossen sich damit der EuGH-Argumentation an. Das deutsche Recht enthalte keine günstigere Regelung: Es existiere weder eine spezielle Regelung für Kurzarbeit, noch ergebe sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere sei „Kurzarbeit Null“ nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. Auch der Umstand, dass der Anlass für Kurzarbeit vorliegend die Coronapandemie war, ändert nach Überzeugung des Gerichts nichts daran.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Revision zugelassen. Bis zur Klärung der deutschen Rechtslage sollten Arbeitgeber vorsorglich die anteilige Reduzierung beziehungsweise den Wegfall von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit ausdrücklich regeln.

Michael Teschner, Rechtsanwalt  
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MICHAEL TESCHNER, Geschäftsführer bei der NRT Niederrheinische Treuhand GmbH in Duisburg

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