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Inkasso: Gute Zahler, schlechte Zahler
Immer wieder sehen sich Unternehmen mit offenen Forderungen und den daraus resultierenden Liquiditätseinbußen konfrontiert. In Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs nimmt die Gefahr für sie zu, aufgrund von Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen in Schieflage zu geraten – so auch in der aktuellen Krise. Welchen Einfluss hat die derzeitige Coronapandemie auf das Zahlungsverhalten von Kunden?
Extreme Nachlässigkeit
Paradoxe Situation

„Viele Menschen haben die pandemiebedingt eingesparten Konsumausgaben in eine Entschuldung gesteckt und konnten sich so konsolidieren“, gibt Pedd den Grund für dieses robuste Zahlungsverhalten. Hier hätten Inkassounternehmen oft zu einer Lösung beigetragen. Ein wichtiges Instrument dafür sei das Gewähren von Ratenzahlungsmöglichkeiten. Aktuell komme es vermehrt zum Einsatz, wie 52 Prozent in der Umfrage bestätigen. Ratenzahlungen seien sinnvoll, um langfristige Lösungen mit den Betroffenen zu erzielen.
Liquiditätsengpässe

Die Lage bei vielen privaten Haushalten ist also gar nicht so dramatisch, wie man mit Blick auf die derzeitige Krise annehmen könnte. Im Business-to-Business-Bereich hingegen wird die Situation zunehmend besorgniserregend und Unternehmen haben mit ernsthaften Problemen zu kämpfen. Besonders betroffen von einer schlechten Zahlungsmoral ihrer Kunden sind nach Erfahrung der Rechtsdienstleister die Dienstleistungsbranche allgemein (50 Prozent), Fitnessstudios (44 Prozent) sowie die Immobilienwirtschaft beziehungsweise Vermieter (36 Prozent – bei dieser Umfrage sind Mehrfachantworten möglich). Die Hauptgründe, warum gewerbliche Schuldner aktuell nicht zahlen, seien durch die Coronakrise ausgelöste Liquiditätsengpässe (83 Prozent) sowie Zahlungsausfälle bei eigenen Kunden (73 Prozent) – das sei der Dominoeffekt, bei dem sich ein Forderungsausfall entlang der Lieferketten fortsetzt und so mehrere Akteure in Mitleidenschaft zieht.
INFO
wirtschaftlich sinnvolles Inkasso zu ermöglichen, andererseits Schuldner zu entlasten, hat die
Bundesregierung einen Gesetzentwurf erarbeitet. Wichtige verbraucherrelevante Teile des Gesetzes
sollen zum 1. Oktober 2021 in Kraft treten.
Der Gesetzentwurf sieht Maßnahmen zwecks eines wirksamen, aber auch fairen Inkassos vor. So soll unter anderem das Problem gelöst werden, dass die derzeitigen Inkassokosten im Verhältnis zum Aufwand und der zugrunde liegenden Forderung meist zu hoch sind – insbesondere mit Blick auf die Coronapandemie ein wichtiger Punkt, da viele Verbraucher infolge von beispielsweise Kurzarbeit unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten.

Wie sehen die Erleichterungen für die Verbraucher konkret aus?
- Verbesserungen soll es insbesondere auch bei kleinen Forderungen geben, bei denen derzeit die Inkassokosten die Forderungen häufig deutlich überschreiten. Es soll eine neue Wertstufe für Kleinforderungen bis 50 Euro eingeführt werden, bei der die Gebühr statt bisher 45 Euro nur 18 bis 36 Euro beträgt.
- Im Regelfall soll die Geschäftsgebühr für die Einziehung einer unbestrittenen Forderung auf einen Gebührensatz von 0,9 beschränkt werden.
- Die Einigungsgebühr für den Abschluss von Zahlungsvereinbarungen soll bei Forderungen bis 500 Euro um etwa die Hälfte gesenkt werden.
- Eine Kostendopplung durch eine – im Laufe des vorgerichtlichen Verfahrens und des gerichtlichen Mahnverfahrens häufig zu beobachtende – Beauftragung von sowohl Inkassodienstleistern als auch Rechtsanwälten soll künftig ausdrücklich ausgeschlossen werden.
- Die Ungleichbehandlung von Inkassodienstleistern gegenüber Rechtsanwälten bei der Geltendmachung von Kosten im gerichtlichen Mahnverfahren soll abgeschafft werden.
Alle Änderungen bei den Inkassogebühren werden voraussichtlich zu einer Senkung dieser Gebühren um etwa 20 Prozent führen. Dies soll den Verbrauchern zugutekommen und hauptsächlich von den Inkassodienstleistern zu tragen sein.
Mehr Transparenz
Zukünftig sollen Verbraucher schon im Vorfeld darauf hingewiesen werden, welche Kosten eines Inkassodienstleisters oder eines Rechtsanwalts im Falle eines Verzugs auf sie zukommen.
Verbraucher müssen künftig vor dem Abschluss von Zahlungsvereinbarungen auf die dadurch entstehenden Kosten hingewiesen werden. Darüber hinaus sind sie vor der Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über die Rechtsfolgen eines solchen aufzuklären.
Zudem müssen Inkassodienstleister Schuldner künftig schon beim ersten Kontakt in der Regel unter anderem darüber informieren, in wessen Auftrag sie handeln, um welchen Vertrag genau es geht und welche Kosten bei Verzug entstehen könnten.
Identitätsdiebstahl
Verbraucher, die Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden sind, zum Beispiel durch Warenbestellungen Dritter auf ihren Namen im Internet, werden künftig besser geschützt. Sie müssen in dem Fall, dass ihre Anschrift vom Inkassodienstleister durch eine Adressermittlung in Erfahrung gebracht wurde, auf diesen Umstand hingewiesen werden. Zudem ist ihnen mitzuteilen, wie sie auf den Fehler gegenüber dem Inkassodienstleister hinweisen können.
Sonstige Änderungen
Mit dem Gesetzentwurf soll unter anderem die Aufsicht über Inkassounternehmen gestärkt werden. Inkassodienstleister und Rechtsanwälte müssen gegenüber Verbrauchern künftig die für sie zuständige Aufsichtsbehörde angeben.
Zudem enthält der Entwurf Änderungen, die infolge des EU-Austritts von Großbritannien erforderlich sind, und betrifft die hier niedergelassenen europäischen Anwältinnen und Anwälte.
Quelle: Die Bundesregierung
B2B-Bereich betroffen

Und in der Tat versetzt ein professionelles Forderungsmanagement Unternehmen in die Lage, sich vor gefährlichen Außenständen zu schützen. Mit der Unterstützung von seriösen Inkassodienstleistern, die zwischen Gläubigern und Schuldnern vermitteln und angemessene Lösungen vorschlagen, wie Letztere ihre Verbindlichkeiten abtragen können, schaffen sie es dann, trotz Krise ihre Liquidität und somit ihr weiteres Bestehen zu sichern.
Graziella Mimic