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Interview: Zwischen Individualität und Standardisierung

Interview: Zwischen Individualität und Standardisierung

Mercator Leasing

Seit November 2020 verstärkt Dr. Norman Hoppen als weiterer Geschäftsführer die
MLF Mercator-Leasing GmbH & Co. Finanz-KG. Für FACTS erläutert er die Strategie des Unternehmens sowie die Auswirkungen der Coronakrise und schildert seine Ziele für die mittel- und langfristige Zukunft.

FACTS: Trotz der aktuellen Rezession konnte Mercator-Leasing im Geschäftsjahr 2019/2020 das Leasing-Neugeschäft steigern und eine Bilanzsumme von mehr als eine Milliarde Euro erwirtschaften. Welche Geschäftsfelder waren besonders einträglich?

Dr. Norman Hoppen: Wir sind in allen unseren Geschäftsfeldern ordentlich gewachsen. Wir haben drei Kernsäulen. So gibt es die Absatzfinanzierung, die wir vorrangig mit unseren Bürofachhändlern und mit IT-Häusern betreiben. Die zweite Säule besteht aus dem klassischen Finanzierungsgeschäft, das über Vermittler und Kooperationspartner abgewickelt wird. Und last, not least stellt das überaus erfolgreiche Thema Gehaltsumwandlung beziehungsweise Benefits die dritte Säule dar. Wie schon gesagt konnten wir in den drei Bereichen ein signifikantes Wachstum verzeichnen. Dennoch möchte ich das Thema Benefits, insbesondere mit dem Dienstradleasing herausziehen, denn es war noch einmal gewinnbringender als die anderen Felder. Das hatte sich übrigens in den vergangenen Jahren bereits abgezeichnet – schließlich entspricht es dem Zeitgeist. Durch die Coronapandemie hat sich dieser Trend noch beschleunigt, da viele Leute zu Hause geblieben sind, nicht verreisen konnten und Radfahren eine willkommene Abwechslung war.

FACTS: Die Coronakrise macht sämtlichen Märkten zu schaffen. Auch wenn die Leasingbranche bisher nicht betroffen ist, haben aufgrund der Pandemie bei Mercator-Leasing bereits Veränderungen stattgefunden?

Hoppen: Wir mussten uns darauf einstellen, dass nicht mehr so viele Kundenkontakte stattfanden wie sonst. Für Akquisitionen und neue Geschäftsanbahnung war dies sicherlich kein guter Umstand. Wir haben unsere Reisetätigkeiten massiv zurückgeschraubt, unseren Außendienst eingebremst und sind mit der Krise sehr ernst umgegangen.

Das Geschäft persönlich abzubilden, von Mensch zu Mensch, ist eine Stärke von Mercator-Leasing. Dies nicht tun zu können, haben wir auf jeden Fall gespürt. Gerade beim Erstkontakt ist ein persönliches Kennenlernen sehr wichtig. Dennoch müssen wir uns alle an die veränderte Situation anpassen. Vieles läuft mittlerweile auch über Microsoft Teams, was uns natürlich auch hilft, Zeit zu sparen. Nichtsdestotrotz ist das Leasinggeschäft nach wie vor sehr stabil. Das betrifft uns insbesondere, da wir viele kleinere Geschäfte verantworten – also Investitionen, die für die Arbeit unserer Kunden ausschlaggebend sind.
Porträtfoto Norman Hoppen von Mercator Leasing
Dr. Norman Hoppen, Geschäftsführer der MLF Mercator-Leasing GmbH & Co. Finanz-KG
Darüber hinaus haben wir einen Push-Effekt erlebt. Während der Pandemie haben viele Unternehmen in digitale Technologien und Mitarbeiterbindungsmodelle investiert. Das hat uns in die Karten gespielt. Wir konnten im Softwarebereich zweistellig dazugewinnen und dieser Trend ist gewiss nicht vorbei.

FACTS: Haben sich bei Mercator-Leasing auch neue Arbeitsweisen etabliert?

Hoppen: Tatsächlich haben wir selbst investiert und unsere Mitarbeiter mit Laptops, Bildschirmen und Headsets ausgestattet, damit sie von zu Hause arbeiten können, was vorher nicht der Fall war. Man sieht es: Selbst einer Krise kann man etwas Gutes abgewinnen. Wir haben unsere Digitalisierungsstrategie deutlich beschleunigt.

FACTS: Vermuten Sie weitere, weniger positive Auswirkungen der derzeitigen Krise?

Hoppen: Wie Sie wissen, arbeiten wir im Rahmen von indirektem Geschäft. So gibt es auch Partner, die in der Vergangenheit den einen oder anderen Kunden selbst finanziert haben. Es ist logischerweise nicht in unserem Sinne, wenn Partner aufgrund von Außenständen in Schieflage geraten und die Servicequalität somit nicht mehr gewährleistet wird. Es gibt also schon ein paar Abhängigkeiten, die uns auch treffen können.

FACTS: Sollte die Krise länger andauern, werden immer mehr Unternehmen ihre Investitionspläne verschieben. Wie will Mercator-Leasing auf diese Tatsache reagieren?

Hoppen: Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir ein Mengengeschäft betreiben, bei dem die einzelnen Investitionen nicht so beträchtlich sind, weshalb wir auch keinen großen Investitionsaufschub erfahren werden. Bei der Bürotechnik werden wir womöglich einige Einbußen hinnehmen müssen, doch keine disruptiven Veränderungen erleben. Was das Geschäft mit Baggern, Kränen und Landmaschinen angeht, erwarte ich hingegen einen Rückgang. Da wir jedoch im Bereich der Finanzierung von Gebrauchtmaschinen, die ja günstiger sind, eine besondere Stärke besitzen, könnte es sogar sein, dass dort eine steigende Nachfrage stattfindet.

Was das Thema Benefits betrifft, ist die Marktentwicklung noch nicht am Ende und es gibt hier ein großes Potenzial.

FACTS: Viele Unternehmen haben die vergangenen Monate genutzt, um sich neu aufzustellen oder neue Konzepte zu entwickeln. Haben Sie dies auch getan?

Hoppen: Wir sind sehr gut aufgestellt und es besteht keine Notwendigkeit, große Veränderungen durchzuführen. Für das Geschäftsjahr 2020/2021 haben wir uns vorgenommen, unsere interne Organisation, vor allem die Abwicklungsprozesse, effizienter zu gestalten. Wir sind dabei, uns auf zukünftige Wachstumsfelder auszurichten und uns breiter aufzustellen.

FACTS: Herr Dr. Hoppen, vor Kurzem haben Sie die Nachfolge von Rolf Hahn angetreten. Welche sind Ihre Ziele für die kommenden Monate?

Hoppen: Ich kenne die Branche bestens und bin unter anderem bei der Deutschen Leasing Information Technology sowie bei der BFL Leasing in leitenden Positionen tätig gewesen, bevor es mich nach Schweinfurt gezogen hat. Doch jede Gesellschaft hat ihre eigene DNA, weshalb es in den ersten Monaten für mich wichtig war, zunächst zu ver-stehen, wie Mercator-Leasing funktioniert und was sich optimieren lässt. Es geht nicht darum, die Strategie zu erneuern, Mercator-Leasing ist in den letzten Jahren stark gewachsen und hat eine Größe erreicht, die andere Strukturen und eine stärkere Arbeitsteilung erfordert. Jetzt stehen wir vor der Herausforderung, das Unternehmen an diese Zahlen anzupassen und die Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen. Neben der Anpassung der Unternehmensstrukturen sehe ich die Weiterentwicklung der Vertriebsaktivitäten sowie den Aufbau strategischer Allianzen als meine vorrangigen Aufgaben.

Die Kundenbeziehungen gilt es, auf ein stabiles Niveau zu heben, sodass wir schnell in der Entscheidung sein können. Die Flexibilität, die Mercator-Leasing seit eh und je auszeichnet, soll beibehalten werden.

FACTS: Und welche langfristigen Ziele verfolgen Sie?

Hoppen: Wir müssen gewährleisten, dass wir nach außen Individualität abbilden, intern dennoch standardisiert agieren. Unser Ziel muss es sein, eine absolute Prozesseffizienz an den Tag zu legen. Wir müssen unsere Abläufe noch effektiver gestalten, dynamischer werden. Dabei muss der Kunde nach wie vor die individuelle, persönliche Betreuung bekommen, der er von Mercator-Leasing schon immer gewohnt ist.

Graziella Mimic